FLÜSSIG, ERDIG, HELL 2022

Stipendium vom Land Baden-Württemberg



Ich habe drei Bilder gemalt, die den Titel FLÜSSIG, ERDIG, HELL tragen. Ich beschloss, meine Bewunderung für die Natur durch die Darstellung von Fragmenten und Nahaufnahmen der drei Elemente Wasser, Erde und Luft auszudrücken. Ich bin verzaubert von der Vielzahl der koexistierenden Formen, Farben, sich durchdringenden und verschmelzenden Strukturen. Ich interessiere mich sehr für die Prozesse, die stattfinden, wenn der Körper der Natur mit der Zivilisation kollidiert, für seine Transformation und Selbstregeneration. Vor allem in den letzten Jahrzehnten begann das ökologische Gleichgewicht gestört zu werden. Zivilisation und ungezügelter Konsum lenken von der natürlichen Welt ab. Man kann den Eindruck gewinnen, dass der Mensch vergessen hat, dass er ein Kind der Natur ist, dass er in Arroganz verfallen ist, dass er seine Sensibilität für die Schönheit der Natur verloren hat und dass er begonnen hat, die Probleme, die sich aus der Verschmutzung und Schädigung der natürlichen Umwelt ergeben, herunterzuspielen. Das Fehlen dieser Achtsamkeit scheint mir aus verschiedenen Gründen ein besonderes Problem zu sein. Eine übermäßige, rücksichtslose Ausbeutung führt zu Zerstörungen, deren Folgen auch künftige Generationen zu spüren bekommen werden. Meiner Meinung nach ist der Kontakt des Menschen mit der realen, lebendigen Natur äußerst wichtig für das Funktionieren, die geistige Gesundheit und damit auch für das Glücksempfinden. Es ist gut, dass sich Lebensstille abzeichnen, die das Erwachen einer solchen Achtsamkeit fördern. Ich empfehle Shinrin-Yoku oder Waldbaden, eine aus Japan stammende Naturtherapie, bei der man in einen bewaldeten Raum eintaucht und die Atmosphäre mit allen fünf Sinnen wahrnimmt. Vor allem die Pandemie Zeit hat gezeigt, was für ein Luxus es sein kann, in den Wald zu gehen. Das Thema Natur taucht in meinen Bildern oft auf, es ist ein wichtiger Bezugspunkt für mich. Im Laufe der Jahrhunderte war die Natur ein sehr wichtiges Element in Kunst, Literatur und Poesie. Der Begriff der Natur selbst wurde in der Antike geboren. In der griechischen Antike war die Naturphilosophie der erste Bereich philosophischer Überlegungen, der heute einer der vielen, aber sehr wichtigen Zweige der Philosophie ist. Schon in vorsokratischer Zeit haben Philosophen rationale, nicht-mythologische Versuche unternommen, die Natur zu erklären und zu verstehen. Bei der Vorbereitung der Skizzen für meine Malerei interessierte ich mich besonders für das pluralistische Denken des Empedokles, der das Konzept der vier Elemente - Wasser, Feuer, Luft und Erde - entwickelt hat. Obwohl diese Elemente qualitativ unveränderlich sind, können sie sich miteinander verbinden und so eine Vielfalt im Universum schaffen. Dieses Konzept wurde später von Aristoteles weiterentwickelt. In meinen Bildern wollte ich diese Prozesse der Durchdringung zeigen. In dem Gemälde mit dem Titel Flüssig, dessen Thema Wasser ist, erscheinen die Attribute des Elements Erde - Pflanzen, die sich im Wasser spiegeln. Die dominierende Farbe ist Grün, das seit jeher mit der Natur assoziiert wird. Wasser hat eine sehr reiche Symbolik und steht oft für Chaos, Veränderung, Transformation und in der christlichen Kultur für Wiedergeburt und Reinigung. In der Bibel symbolisiert es den Geist Gottes, der in der Lage ist, die Wüste in einen blühenden Garten zu verwandeln; an anderer Stelle wird das Wort Gottes mit dem Regen verglichen, der die Erde fruchtbar macht. Wasser ist fast überall, es ist die Lebensgrundlage für alle Organismen. Es hat keine Form, nimmt oft die Farbe seiner Umgebung an und reflektiert das Licht. Für mein Porträt des Wassers habe ich mich im Schwarzwald inspirieren lassen. Ich war oft in der Gegend vom Präger Bach, im südwestlichen Teil von Baden-Württemberg. Das Bachbett erinnert an prähistorische Zeiten, es wurde von einem Gletscher geformt. In dem alten Wald kann man die Kraft der Natur perfekt spüren. Das Gemälde zeigt ein abstraktes Fragment eines Baches, in dem sich das Sonnenlicht auf der Wasseroberfläche spiegelt, und intensiv grüne Bäume. In Erdig wollte ich die Verwandlung der Erde zeigen. Die Erde ist die Basis, das Fundament. Obwohl er Unbeweglichkeit und Stabilität symbolisiert, wollte ich, dass sie in meinem Bild in Bewegung ist. Die Materie pulsiert, sie wurde in dem Moment eingefangen, in dem sie sich verändert, beeinflusst von Wasser, beeinflusst von Luft. Vielleicht erwachen gerade jetzt die im Winter ruhenden Pflanzen, und die Oberfläche erwärmt sich. Deshalb taucht in dem Gemälde die Farbe Rot auf, die in vielen Kulturen mit dem Konzept der Lebenskräfte verbunden ist. Es ist eine "erdige" Farbe, die Fruchtbarkeit symbolisiert. Die Farben werden mit schnellen, ausdrucksstarken Pinselstrichen aufgetragen. Das dritte und letzte Bild der Serie, Hell, stellt die Luft dar, die vom Element Feuer durchdrungen ist. Die feurige Farbe symbolisiert die für das Leben notwendige Lebensenergie, und um ihre Kraft zu unterstreichen, habe ich sie mit einem dunklen Indigo kombiniert. Das Licht ergießt sich über das Gemälde, die Rot- und Orangetöne gehen in Gelbtöne über und verblassen dann wieder. Während der Arbeit an den Gemälden beschloss ich, meine Technik zu diversifizieren und neue Elemente einzuführen. Ich stellte Lasuren mit Fragmenten von dick aufgetragener Farbe und größeren Farbflächen nebeneinander. Die Farbe spielt in meinen Bildern eine sehr wichtige Rolle, sie ist das wichtigste Ausdrucksmittel. Ich verwende Ölfarben, wobei ich einige der Farben selbst herstelle, indem ich verschiedene Pigmente mische, wodurch ich eine einzigartige Intensität erreichen kann. Ich male in Schichten, die Farben vermischen sich und erzeugen einen Eindruck von Tiefe. Die Größe der Bilder ist wichtig, denn bei größeren Formaten kann sich der Betrachter als Teil der dargestellten Welt fühlen. Meine 180 cm / 140 cm großen Bilder lassen den Betrachter am gemalten Geschehen teilhaben. Die Vorbereitung der Leinwand ist ein wichtiger Teil des Entstehungsprozesses eines Gemäldes. Ich habe meinen eigenen Holzrahmen hergestellt und die Leinwand aufgespannt, die ich später mit Knochenleim gespannt habe. Alle drei Gemälde erzählen eine Geschichte, die in der die Natur intakt ist. Nichts stört sie, sie kann ihr Leben leben. Die Elemente arbeiten zusammen, keines hat die Oberhand über die anderen. Seit den Anfängen des Homosapiens haben Fauna und Flora eine Schlüsselrolle in der Kunst gespielt und die Kreativität der frühen Menschen angeregt. Die natürliche Welt ist immer noch Gegenstand unzähliger Werke von Künstlern, trotz Zivilisation und Technologie inspiriert und fasziniert die primitive Welt immer noch.



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